Narbenhernie
Ein Narbenbruch (Narbenhernie) ist ein Bruch der Bauchdecke im Bereich einer Operationsnarbe. Durch diese Schwachstelle wölben sich die Baucheingeweide nach außen vor. Noch immer entwickeln circa 20 Prozent aller am Bauch operierten Patienten einen Narbenbruch, meist innerhalb des ersten Jahres nach der OP.
Ursachen, Symptome und Diagnose
Die sich nach einer Operation bildende Narbe weist nicht die gleiche Stärke und Elastizität wie gesundes Gewebe auf. Kommen ungünstige Faktoren, (z. B. Wundinfektionen, wiederholte Operationen im selben Gebiet, Übergewicht, Rauchen, Krebsleiden oder Zuckerkrankheit, Verstopfung, chronischer Husten etc) hinzu, die mit einem verstärkten Druck auf die Bauchdecke einher gehen, begünstigt dies einen Narbenbruch. Symptom ist eine Schwellung im Bereich der Narbe, die sich zu Beginn meist zurückdrücken lässt. Wenn dies nicht mehr der Fall sein sollte und Beschwerden wie Schmerzen, Verdauungsprobleme oder Erbrechen auftreten, kann dies ein Vorbote für einen gefährlichen Darmverschluss sein. Daher sollte ein Narbenbruch frühzeitig einem in der Hernienchirurgie erfahrenen Chirurgen vorgestellt werden. Die Diagnose kann meist schon durch die körperliche Untersuchung diagnostiziert werden. Eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie), die Computertomographie (CT), die Röntgenuntersuchung sowie Darmuntersuchungen wie die Darmspiegelung werden gelegentlich ergänzt, um zum Beispiel Hinweise auf die Größe der Hernie zu erhalten.Therapie
Ein Narbenbruch bedarf grundsätzlich einer Operation. Eine Spontanheilung existiert nicht, die Gefahr der Einklemmung steigt. Wir empfehlen die Operation daher auch bei Beschwerdefreiheit. Bei der Operation werden die Eingeweide in die Bauchhöhle zurückverlagert und die Bruchpforte mittels Verstärkung durch ein Kunststoffnetz verschlossen. Wird auf ein Netz verzichtet, liegt bei größeren Brüchen die Rückfallquote bei inakzeptablen 50 Prozent. Einige Operationstechniken werden herkömmlich offen, andere in Schlüssellochtechnik operiert. Dies ist von vielen Faktoren abhängig, zum Beispiel von der Größe und Lage des Bruches, aber auch vom Gesundheitszustand. Ein Standardverfahren, das für alle Patienten „passt“, gibt es nicht. Hernienchirurgie ist komplex und muss individuell auf den Patienten zugeschnitten sein. Der Chirurg muss die gesamte Vielfalt der Operationsverfahren – auch seltene Methoden und Ausweichmanöver – beherrschen, denn nach einer fehlgeschlagenen Hernienoperation wird jeder folgende Eingriff immer schwieriger. Wir bieten das ganze Spektrum der Hernienchirurgie an, auch neue, innvovative Methoden, wie beispielsweise die Vorbehandlung großer Brüche mit Botox und komplexe endoskopische Operationen.
Unstrittig ist, das bei der Reparatur eines Narbenbruches ein Netz eingesetzt werden sollte. Reine Nahtverfahren haben hohe Wiederauftretenswahrscheinlichkeiten. Es gibt verschiedene Schichten der Bauchwand, in der das Netz platziert werden kann: Die einfachste Reparaturmethode ist die Onlay-Technik, bei der das Netz zur Verstärkung der Bauchwand vor der Bauchdeckenfaszie platziert wird. Diese Methode zeigt schlechte Ergebnisse und sollte heutzutage keine Verwendung mehr finden.
Ach kann das Netz im Bauchraum, hinter dem Bauchfell, fixiert werden. Diese Operationsmethode (IPOM=Intraperitoneales Onlay Mesh) ist zwar elegant und mit nur kleinsten Schritten minimalinvasiv durchzuführen. Allerdings verbleibt das Netz als Fremdkörper im Bauchraum und kann, trotz Spezialbeschichtung, zu erheblichen Verwachsungen mit dem Darm führen. Die Rekonstruktion der Bauchdecke ist durch diese Operationsmethode nicht anatomiegerecht. Dennoch hat die IPOM-Technik unserer Meinung nach bei speziellen Konstellationen Ihre Berechtigung
Weitgehend unstrittig in der aktuellen Forschung ist, dass die beste Lage des in der Operation implantierten Netzes die sogenannte „Sublay“-Schicht ist, also der Raum hinter der Rektusmuskulatur und vor dem Bauchfell. Eine Eröffnung des eigentlichen Bauchraumes ist bei diesen Operationsverfahren nicht erforderlich, es sei denn, Verwachsungszustände müssen zusätzlich aufgelöst werden.
Sublay-Technik
Die klassische Sublay-Technik gilt nach wie vor als „Goldstandard“ der Narbenbruchversorgung, gerade bei längs verlaufenden Operationsnarben. Biomechanisch bietet das Verfahren die größte Stabilität der Bauchdecke. Es handelt sich um eine offene Operation. Der Bruchsack wird eröffnet und der nach außen gestülpte Inhalt in die Bauchhöhle rückverlagert. Oftmals besteht im Bauchraum ein Verwachsungszustand, der bei Darmbeschwerden aufgelöst werden kann. Für das Operationsergenis ist dies jedoch nicht zwingend erforderlich. Dann wird die Bauchdecke entsprechend ihrer ursprünglichen Schichten anatomisch rekonstruiert und ein Kunststoffnetz hinter dem Rektusmuskel, in der sogenannten Rektusscheide, also noch außerhalb der Bauchhöhle, eingebracht. Anschließend wird die Bauchdecke mit einer spannungsfreien Naht verschlossen. Die Operation erfolgt in Vollnarkose, ein stationärer Aufenthalt von mehreren Tagen ist einzuplanen.
MILOS-Technik
Auch bei der E/MILOS-(„(endoscopic) mini / less open sublay“) - Operation legt das Netz in dieser idealen Sublayschicht, wird allerdings wird die Operation über einen sehr kleinen Zugang direkt oberhalb der Hernie durchgeführt. Durch die Hernie wird der Raum vor dem Bauchfell („präperitonealer Raum“) in einer speziellen Technik über einen sehr kleinen Schnitt großzügig freipräpariert, so dass nach anfänglich offener Präparation schließlich unter Zuhilfenahme endoskopischer Techniken auch große Netze problemlos eingebracht werden können. Die Operation ist etwas zeitaufwändiger, die Vorteile für den Patienten gegenüber der klassischen Sublayoperation überwiegen allerdings deutlich: Gleiches Netzlager, aber wesentlich kleinere Schnitte, geringere Wundkomplikationen, raschere Erholung. Auch müssen die Netze nicht fixiert werden, was die Möglichkeit einer Darmverletzung nahezu ausschließt. Dieser Eingriff wird bei uns regelhaft durchgeführt.eTEP-Technik
Bei der von uns bevorzugten eTEP(„extended totally extraperitoneal“)-Technik wird der Eingriff schließlich komplett in endoskopischer Technik durchgeführt. Meist reichen 3 bis 4 winzige Schnitte, um den gesamten Sublayraum aufzupräparieren. Wie auch bei der E/MILOS-Operation wird das hintere Blatt der Rektusscheide (rückseitige Begrenzung des Rektusmuskels) an der Bauchdecke gelöst, so wird der gesamte Bereich vor dem Bauchfell als Lager für das Netz verfügbar gemacht. Das Einbringen auch von sehr großen Netzen ist durch beide Operationstechniken möglich, vorausgesetzt der oder die Chirurgie verfügt über eine hohe Expertise in der Hernien- und minimalinvasiven Chirurgie.E/MILOS und eTEP-Technik folgen dabei beide demselben reparationsprinzip. Welche Operation die geeignete ist, hängt von individuellen Faktoren ab und muss im Aufklärungsgespräch detailliert besprochen werden. Ist die Hernie größer und reicht der Raum hinter der Rektusmuskulatur für die erforderliche Netzgröße nicht aus, lassen sich beide Eingriffe auch zu einer Komponentenseparation erweitern.